Wo finde ich den richtigen Dom?

Ich habe durch Lesen („Shades of gray“) und Bilder im Netz bemerkt, dass „devot sein“ und alles, was mit BDSM zu tun hat, meine Fantasien beflügelt. Je mehr ich mich vertiefe, um so aufgeregter werde ich. Wahrscheinlich ist es das, was mir in meiner letzten Beziehung einfach fehlte. Nun macht man das ja nicht alleine und ich frage mich, wie ich den passenden Mann dafür finde und date? Auf BDSM-Webseiten schrecken mich Partnergesuche mittlerweile komplett ab, einmal war ich in einem Chat, da wurde ich gleich mit sexuellen Anfragen überschüttet, und solche Apps wie Tinder bringen auch nichts. Habt ihr einen Tipp, wo man am besten einen Dom findet, der eine Anfängerin nicht gleich überfordert?
Lena

Liebe Lena,

deine Aufregung kann ich gut nachvollziehen, da sich gerade vor dir – oder besser: in deinem Kopf – eine recht neue und spannende Welt auftut. Du hast beim Lesen und Bilderschauen ganz bestimmt schon ein Gefühl dafür bekommen, was dich am meisten interessiert, was du weniger magst oder was du sogar völlig ablehnst. Ich finde es gut, dass du dich mit all dem beschäftigst. Du bildest dir damit nämlich ein Fundament, ergründest deine BDSM-Leidenschaft und kannst später gut umreißen, was du von einem Partner erwartest, mit ihm ausprobieren möchtest oder nicht. Das ist viel besser, als sich kopfüber, manchmal auch kopflos in eilige Abenteuer zu stürzen, sich sagen zu lassen, was man tun und lassen soll, was sich angeblich so gehört und was nicht, was man an sich ausprobieren lassen und ertragen soll. Das rate ich dir einerseits als Warnung vor solchen Behauptungen. Und ich rate es dir andererseits, damit du weißt, dass du dir ruhig Zeit nehmen darfst mit deiner Suche. Es ist ohnehin schwer, den richtigen Partner fürs Leben zu finden. Es ist noch schwerer mit dem Anspruch, dass er zu deiner besonderen Neigung passen soll. Wähle also in Ruhe.

Aber wo? Deine Frage ist nicht konkret zu beantworten. Es gibt auch abseits von BDSM kein Patentrezept für erfolgreiches Kennenlernen. Tausende Singles werden das bestätigen, auch in Zeiten, in denen sich im Internet alle elf Minuten verliebt wird.

Obwohl du deine Abneigung gegen BDSM-Webseiten geäußert hast, möchte ich dich auf gerade sie verweisen. Nirgendwo findest du mehr miteinander kommunizierende Menschen, die sich für BDSM begeistern. Vielleicht hast du bislang die falschen Angebote entdeckt – nach dem zu urteilen, was du erlebt hast, mag es tatsächlich so sein. Daher empfehle ich dir, im Web (und ganz allgemein) weniger Aufmerksamkeit auf die Suche zu legen. Begebe dich besser in Diskussionen und Gesprächsrunden, ohne dort gleich zu äußern, dass du suchend und Single bist. Es gibt Foren und Gruppen, in denen du sehr vernünftig über die Dinge sprechen kannst, die deine Leidenschaft ausmachen. Du wirst anhand der Beiträge anderer Teilnehmer bemerken, wer auf deiner Wellenlänge schwimmt, wer ähnliche Vorstellungen hat, wer vernünftige Antworten geben kann. Möglicherweise ergeben sich daraus Kontakte, Freundschaften, und vielleicht ist sogar der Richtige dabei. Und wie schon gesagt: Nimm dir dafür Zeit. Solche, die dir dabei zeitnahe Treffen und schnelles Ausprobieren anbieten, solltest du aussortieren. Um Männer, die sich im Web vordergründig über „ihren“ BDSM definieren und profilieren, kannst du – online wie offline – einen Bogen machen.

Eine weitere Möglichkeit, die ich dir vorschlage, sind BDSM-Stammtische. Ich weiß, dass es Überwindung kostet, dort hinzugehen, erst recht alleine und als Frau. Solltest du einen Stammtisch in deiner Nähe finden, kontaktiere zunächst die Betreiber, manchmal räumt das Bauchschmerzen aus. Dass du dort schnell einen Partner findest, ist aufgrund der kleinen Runde nicht wahrscheinlich, aber bestimmt gelangst du an Informationen über BDSM und auch, wie Andere ihre Partnersuche und ähnliche Probleme gelöst haben.
Die Teilnahme an größeren BDSM-Veranstaltungen als Anfängerin und Single zur Partnersuche empfehle ich dir nicht. Man fühlt sich auf solchen Veranstaltungen schnell vergessen und unglücklich, wenn man den Abend alleine verbringt. Sich dort jemanden zu suchen, nur um das zu verhindern, ist nicht dein Anspruch, nehme ich an.

Bliebe noch das „ganz normale“ Kennenlernen – auf der Straße, bei anderen Gelegenheiten. Das ist an sich nicht komplizierter oder unwahrscheinlicher als bei Singles ohne BDSM-Neigung. Das Problem ist, dass du die Neigung deiner Bekanntschaft erst danach erkunden kannst. Vielleicht gibt es diese gar nicht oder ist genau die falsche, möglicherweise stößt du auf Unverständnis oder nur kurz aufflammende Neugier. Die Gefahr ist groß, dass du dich anschließend in einer Beziehung findest, in der du deine Neigung wieder nicht ausleben kannst. Trotzdem kenne ich einige Paare, die sich im ganz normalen Leben kennengelernt haben und erst anschließend, manchmal überraschend feststellten, wie sie hinsichtlich ihrer Fantasien zueinander passen. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass dir dein BDSM-Traumprinz beim nächsten Einkaufsbummel über den Weg läuft.

Angesichts der vielen Möglichkeiten denke ich, du solltest dir weniger Gedanken über das „Wo“ machen. Nützlicher ist es, wenn du dir Klarheit verschaffst darüber, wie dein künftiger Partner mit dem Thema umgehen soll, was du von ihm erwartest, was du auf keinen Fall akzeptieren wirst. Denn eine Partnerschaft wirst du später nicht daran bewerten, wo ihr euch kennengelernt habt, sondern ob ihr wirklich zueinander passt.

Noch ein kurzes Statement zu dem von Dir angesprochenen Buch. „Shades Of Gray“ hatte Erfolg, weil die Autorin eine leichtbekömmliche, cinderellaschmucke Handlung mit einem Hauch BDSM verknüpfte. Auch wenn es dir (und vielen Anderen) sehr gut gefiel und kommerziell erfolgreich war, hat es mit BDSM in etwa so viel zu tun wie turbulente Arztserien im TV mit tatsächlichen Gegebenheiten in Kliniken. BDSM ist vielschichtiger und auch ziemlich anders als im Buch beschrieben. Das kannst du in der Zeit, die du dir fürs Partnerfinden gibst, bestimmt herausfinden.

Ich wünsche dir viel Glück und Erfolg!

Jona